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Ruheberg Schwarzwald/Oberried
Letzte Ruhe inmitten der Schwarzwaldberge
Buch der Erinnerung

In Erinnerung an Patricia Maria Harrison ...



Name: Harrison, Patricia Maria
Geburtsort: Vorst, jetzt Tönisvorst
Geboren am: 22.09.1956
Gestorben am: 24.02.2007
Gestorben in: Bonn
Zum Gedenken
Ich möchte dir, dieser starken, wunderbaren Frau danken, dass du mir ein Leben und Liebe geschenkt hast. Und, du wirst in mir und meinem Herzen bleiben.
Du bist einzigartig, ein Mensch, den niemand verlieren wollte.
Doch deine Entscheidungen werde ich, in Trauer, akzeptieren.
Du sollst wissen, dass ich dich liebe und ich hoffe, dass du jenes auch wusstest, vor deinem Tod.
Ich würde es dir so gerne noch tausendmal sagen, dass ich dich liebe.
Weshalb ich manchmal sehr traurig bin, ist, dass es dir vor deinem Tod nicht gut ging.
Ich hätte dir so gerne geholfen. Und andere auch...
Deine Tochter Hannah Lou

INTENSIV, UNVERGESSLICH
Nachruf Zum Tode der Schauspielerin Patricia Harrison

Sie war einzigartig und unvergesslich, eine der intensivsten Schauspielerinnen, die man in Bonn je gesehen hat. Patricia Harrison, die Anfang der neunziger Jahre gemeinsam mit Manfred Beilharz nach Bonn wechselte, kam in ihrem Spiel vor allem den komplizierten, häufig verzweifelten Frauenfiguren ganz nahe. (...)

In Harald Clemens Inszenierung von Hauptmanns ?Die Ratten? spielte sie im Jahr 2000 die Frau John, die einst ein Kind verloren hat und sich ein neues gleichsam erschleicht. Diese Frau schleppte traumatische Erfahrungen wie eine Last mit sich herum. Sie war das aggressive Muttertier, fiebrig, hysterisch, unheimlich: eine mater furiosa, die jeder Bedrohung ihres neues Glück mit feldherrnhaftem Gestus begegnete. Zum Schluss ging diese Frau sich selbst verloren: ein Augenblick von wahrhaft tragischer Wucht.

In Valentin Jekers ?Rose Bernd? 1998 war sie die Frau Flamm ? eine mit dem Schicksal hadernde Frau, eine unentschlossenen, schwierige, die mit sich selbst im Grunde genug zu tun hat.

Harrison, die mit vielen namhaften Regisseuren zusammengearbeitet hat, mochte Manfred Beilharz nicht nach Wiesbaden folgen. Dort hätte man sie gern im Ensemble gehabt.

(Dietmar Kanthak, Bonner Generalanzeiger, 27.2.07)

Auszüge aus der Trauerrede,
Das fünfjährige Mädchen will Theater spielen, ?damit die Menschen mich sehen?.
Und sie schafft es.
Sie spielt Theater.
Und die Menschen sehen sie.
Sie spielt so Theater, dass die Menschen sie nicht nur sehen, sondern gefesselt werden von ihr, in Bann gezogen. Sie beeindruckt und verzaubert durch ihre Schönheit, ihre Klugheit, ihre starke Präsenz.
Immer ist sie ganz da. Mit ungeheurer Energie.
Und immer weiß sie, dass etwas daran auch nicht stimmt. Bzw., dass da noch andere Seiten sind.
Die Menschen sehen wie sie spielt. Sie sehen etwas von ihr. Anderes sehen sie nicht.
Die Macht über das Publikum hält nur für eine Weile.
Nach dem Abschminken geht der Spieler allein nachhause.
Was bleibt übrig von ihm? Mag er sich jetzt noch selber ansehen?
Kann er freundlich zu sich selber sein?

Sie lebt in ihrem Spiel ? und muss aufpassen, dass sie im Leben auch lebt.
Sie entwickelt ein seismographisches Gespür dafür, ob andere Menschen nur so tun, nur so dahin reden, oder ob sie sind in ihrem Tun und ihrem Reden.
Sie will unbedingte Wahrhaftigkeit.
Gut, dass es mitten in solchen hohen Ansprüchen an sich und an andere auch manchmal freie und lose Zeiten gegeben hat, Urlaube mit der Familie, z.B. in Spanien, einfaches Leben in der Natur, mit Freunden zusammensein.
Nun, aber dann engagiert sie sich auch dort, interessiert sich, packt an, will verstehen, will helfen. Hat diese Frau jemals eine Pause gemacht ...

Sie kann das zuzeiten genießen. Aber das andere wird auch dabei sein: Sie misstraut irgendwie dem Leichten, Guten, einfach Schönen. Stimmt das auch? Oder ist es doch gelogen, und am Ende kommt etwas Dunkles, Schweres und Hässliches heraus?
Sie glaubt zunehmend dem Abgrund mehr als dem Leben.

Mich macht ihre Geschichte betroffen.
Durch meine Arbeit als Pfarrerin im Krankenhaus und durch mein Leben weiß ich, dass der Abgrund immer mit dabei ist. Dass Krankheit, Verstörung, Vergänglichkeit ein Teil des Lebens sind.
Ich glaube nicht mehr wie früher, dass ein Mensch im Laufe seines Lebens langsam reift und am Ende sein Lebenswerk vollendet.
Ich erlebe vielmehr, dass das Leben eines Menschen eine Baustelle ist und bleibt mit mancherlei abgebrochenen Stücken bis zuletzt.
Und es ist wie auf einer realen Baustelle: selten geht es so wie geplant, gedacht, erträumt.
Und die Arbeit hört nie auf. Nie.
Und immer stoße ich an Grenzen. Bei der Arbeit, bei der Lust, beim Kämpfen, beim Lieben, bei mir und bei anderen.
Es ist wahrhaftig nicht einfach, dieses merkwürdige Etwas ?Leben?, dieses komische, schwere, zerkratzte, verbeulte Leben, das auch schön sein kann, so schön ... oft in ganz kleinen Dingen, anzunehmen. Und JA zu sagen.
Ja.
Trotzdem Ja.
Das bin ich.
Ich gehöre da hin, in?s Leben.
Das ist mein Leben.
Und wenn es auch andere nicht immer sind ? ich will mir selber gut sein!
Das klingt simpel.
Und kann so schwer sein.
Sie, die Wunderbare und gleichzeitig doch auch einfach Frau aus Fleisch und Blut konnte das nicht.
Sie gestaltete ihren Tod wie die Vollstreckung eines Urteils.
Vielleicht war es auch ihr letzter Befreiungsschlag.

Und wir?
Ich glaube, wir haben in dieser Geschichte eine Aufgabe.
Die Aufgabe nenne ich: Da Vergebung hineinzugeben.
Damit meine ich kein schnelles Vergeben und Vergessen, sondern etwas Grundlegendes und Heilsames.
Für mich gehören zur Vergebung Zweierlei.
Das Eine ist, dass ich etwas vom Anderen zu verstehen versuche.
Ich kann mir vorstellen, dass jede und jeder von Ihnen, die heute hier sind, etwas von Patricia Harrison, ihrem Leben und warum sie diesen letzten Schritt getan hat, verstehen kann.

Und das Andere: Zur Vergebung gehört, dass ich meine eigenen Grenzen sehe und achte und ? barmherzig mit mir sein kann.
Ja, ich habe Fehler gemacht.
Ja, ich hatte nicht immer die Kraft.
Ja, ich konnte es nicht verhindern.
Ich weiß, wie sehr Menschen und mit wieviel Liebe Menschen mit ihr und um sie gekämpft haben. Aber ich weiß auch, dass kein Mensch einem anderen Menschen das Leben abnehmen kann. Keiner kann einen anderen hindurchtragen.


Ihr die Begrenzung zugestehen.
Mir die Begrenzung zugestehen.
Und so sachte weitergehen.
Achtungsvoll weitergehen.
Vielleicht achtsamer.
Und wissen: ich sehe auch nur immer einen Teil. Bin in meinem eigenen Leben ein wenig wie das Publikum im Theater.

Der Glaube sagt: Da ist noch mehr. Immer. Und bei den Menschen ist da oft noch viel mehr Sehnsucht.
Einer sieht das Ganze.
Und der sagt JA.

(Auszüge aus der Trauerrede, gehalten von Pfarrerin Renate Weigel auf der Trauerfeier in Bonn-Bad Godesberg am 3.3.07)